Atmosphärische Flüsse – Die „Flüsse“ des Himmels und ihre Bedeutung für extreme Niederschläge
Wenn über Tage hinweg heftiger Regen fällt und Flüsse über die Ufer treten, könnten atmosphärische Flüsse die Ursache sein. Diese „Flüsse“ am Himmel transportieren riesige Mengen Wasserdampf über Kontinente hinweg und spielen eine Schlüsselrolle bei extremen Niederschlägen. Doch was verbirgt sich hinter diesem Phänomen, und warum wird es immer bedeutsamer?
Atmosphärische Flüsse: Was steckt dahinter?
Atmosphärische Flüsse sind langgezogene Ströme aus konzentriertem Wasserdampf in der Atmosphäre. Diese Luftströmungen können sich über Tausende Kilometer erstrecken, sind aber oft nur wenige Hundert Kilometer breit. Man kann sich diese Ströme wie schwimmende Förderbänder vorstellen, die Feuchtigkeit von warmen, tropischen Regionen in die gemäßigten Breiten (zum Beispiel Europa) transportieren.
Der Begriff „Fluss“ ist dabei bildlich zu verstehen: Der Wasserdampf in diesen Luftströmen würde, wenn er vollständig kondensiert, bis zu 15-mal so viel Wasser liefern, wie der Mississippi an seiner Mündung. Doch anders als der Mississippi sind atmosphärische Flüsse keine ständigen Phänomene. Sie entstehen unter bestimmten Wetterbedingungen und lösen sich oft nach wenigen Tagen auf.
Zahlen, die beeindrucken
Die Regenmengen, die ein atmosphärischer Fluss bringen kann, variieren stark. Typische Werte liegen zwischen 100 und 300 Litern Regen pro Quadratmeter in wenigen Tagen. In besonders intensiven Fällen, wie beim „Pineapple Express“ an der Westküste Nordamerikas, können sogar bis zu 600 Liter pro Quadratmeter fallen. Zum Vergleich: Ein kräftiges Tiefdruckgebiet in Mitteleuropa bringt 50 bis 70 Liter pro Quadratmeter.
Meistens regnen sich atmosphärische Flüsse an Gebirgen ab. Wenn ein solches Band auf eine Bergkette trifft – etwa auf die Alpen oder die Rocky Mountains – wird die Luft gezwungen, aufzusteigen. Dabei kühlt sie ab, und der Wasserdampf kondensiert. Das Ergebnis: intensive und anhaltende Regenfälle, die schnell zu Überschwemmungen führen können.
Atmosphärische Flüsse treten häufiger in den Wintermonaten auf, wenn Temperaturunterschiede zwischen den Tropen und den gemäßigten Breiten größer sind. Je nach Region liefern sie etwa 20 bis 50 % der jährlichen Niederschläge in Küstenregionen.
Ein normales Phänomen – mit gelegentlichen Extremen
Obwohl atmosphärische Flüsse spektakulär klingen, sind sie keineswegs selten oder ungewöhnlich. Vielmehr sind sie ein wichtiger Teil des globalen Wasserkreislaufs, der Regionen mit Niederschlägen versorgt. Tatsächlich hängt in vielen Gebieten die Wasserverfügbarkeit maßgeblich von ihnen ab – etwa in Kalifornien, wo sie für den Großteil der Winterregenfälle verantwortlich sind.
Extreme Ereignisse wie Überschwemmungen entstehen vor allem dann, wenn atmosphärische Flüsse auf bereits gesättigte Böden treffen oder außergewöhnlich intensiv ausfallen. Solche Fälle sind aber die Ausnahme und oft mit zusätzlichen Faktoren wie stagnierenden Wetterlagen verbunden.
Wie der Klimawandel atmosphärische Flüsse verändert
Die Intensität dieser Phänomene wird durch den Klimawandel verstärkt. Steigende Temperaturen führen dazu, dass die Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann – pro Grad Erwärmung etwa 7% mehr. Man geht davon aus, dass atmosphärische Flüsse in der Zukunft um 25 % länger und um 25 % breiter werden. Das bedeutet, dass sie künftig deutlich mehr Wasser transportieren – und damit das Potenzial für extremere Regenfälle und Überschwemmungen steigt.